Das Amtsgericht München (Urteil vom 28.02.24, AZ: 161 C 23096/23) hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Der Käufer hatte im November 23 über ebay von dem Verkäufer, einem gewerblichen Händler, eine Original-BMW-Felge zum Preis von 199,11 Euro erworben. Der Verkäufer hat die Felge jedoch nicht versandt. Daraufhin hat der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Lieferung gesetzt.
Nachdem diese verstrichen war, kaufte der Käufer bei einem offiziellen BMW-Vertragshändler eine neue Felge zu einem höheren Preis und verlangte von dem Verkäufer die Erstattung der Mehrkosten in Höhe von 154,26 Euro.

Dies begründete er damit, dass der Verkäufer die Felge im Internet beworben hatte mit „Neu: sonstige (siehe Artikelbeschreibung)“ und ferner „neue Felge, aus der Demontage“ und letztlich „ein Artikel in hervorragendem Zustand, wie neu und ohne Gebrauchsspuren“.

Das Gericht hat die Klage des Käufers abgewiesen. Dieser habe keinen Schadenersatzanspruch aufgrund der Mehrkosten, dieser könne nur dann bestehen, wenn der nachträglich erworbene Gegenstand gleichwertig mit dem Verkaufsobjekt war.

Dies hat das Gericht verneint. Die Parteien haben sich nicht über den Kauf einer neuen, also unbenutzten Felge geeinigt. Dies ergebe sich schon aus der Formulierung „aus der Demontage“. Dies bedeutet, dass eine Felge bereits montiert und sodann demontiert war. Kaufgegenstand war mithin keine neue, vollkommen unbenutzte Felge. Bei ebay gebe es neben der Kategorie „Neu: sonstige (siehe Artikelbeschreibung)“ noch eine weitere Kategorie „Neu“.

Dort werden ausschließlich neuwertige Waren gehandelt. Dies ist dem Kunden in der Regel bekannt. Auch aus der Wortbeschreibung kann entnommen werden, dass es sich bei der vorliegend erworbenen Felge nicht um eine Neuware im engeren Sinne gehandelt hat.

Neuwertig und neu ist mithin nicht das Gleiche (vgl. Wikipedia). Achten Sie auf den exakt beschriebenen Verkaufszustand des bestellten Objektes.

Spiegelverkehrte Dusche

Das Amtsgericht München (AZ 191 C 10665/23) hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Ein Kunde hatte im Internet bei einem auf Duschkabinen spezialisierten Händler eine aus Glas gefertigte Einbaudusche inklusive Einbau bestellt. Die Bestellung war auf das Badezimmer zugeschnitten. Die Dusche wurde geliefert. Der vom Händler ebenfalls gestellte Monteur begann mit der Montage. Als die Löcher bereits gebohrt waren, wurde festgestellt, dass die Dusche auf die beabsichtigte Art und Weise nicht montiert werden konnte. Der Kunde hatte die Dusche in seitenverkehrter Ausführung bestellt. Zwar konnten die Glaswände eingebaut werden, dann wäre jedoch die Wasserversiegelung auf der Außen- statt auf der Innenseite befindlich gewesen.

Der Kunde suchte die Schuld beim Händler. Der Monteur habe nicht direkt bei Beginn der Arbeit darauf hingewiesen, dass man die Dusche so nicht einbauen könnte. Der Monteur hätte bereits vor Beginn der Arbeit feststellen müssen, dass die Teile falsch, nämlich seitenverkehrt waren. Nun seien Schäden in den Wandpaneelen entstanden, deren Beseitigung 753,05 Euro kosten würden. Außerdem sei für den Abbau der falschen Duschelemente ein weiterer Schaden von 100,00 Euro entstanden. Darauf verklagte der Kunde den Händler.
Diese Klage hat das Gericht abgewiesen. Für den Monteur sei nicht von vornherein klar erkennbar gewesen, dass die Dusche seitenverkehrt bestellt worden war. Ein Hinweisfehler lag daher nicht vor. Auf einen „schnellen Blick“ kann man diesen Sachverhalt nicht erkennen. Der Monteur müsse nicht vor dem Setzen des ersten Lochs die Beschichtung des Glases genauer überprüfen.

Das Gericht argumentierte weiterhin mit der fehlenden Rückgabemöglichkeit an den Händler:
Auch ein spiegelverkehrter Einbau sei möglich, die Innenseite des Glases müsse dann im Nachhinein versiegelt werden. Schließlich werfe man eine neu bestellte Dusche im Wert von rd. 1.700 € nicht einfach weg, dies sei eine wirtschaftlich unsinnige Vorgehensweise. Auch die Falschbestellung sei im Ergebnis noch sinnvoll zu verwerten, sodass die entstandenen Bohrlöcher keinen Schaden im Sinne des Gesetzes darstellten.

Mordverurteilung nach 50 Jahren

Der Täter war damals Oberleutnant und erschoss am 29.03.1974 einen 38-jährigen Polen im Auftrag der Stasi aus dem Hinterhalt und einer kurzen Entfernung von nur wenigen Metern. Das Opfer hatte offensichtlich zuvor in der polnischen Botschaft versucht, seine Ausreise nach Westberlin mit einer Bombenattrappe zu ermöglichen. Das Ministerium für Staatssicherheit hat daraufhin eine Ausreiseerlaubnis fingiert und das Opfer in eine Falle gelockt. Stasi-Mitarbeiter haben den Polen zum Bahnhof in der Friedrichstraße begleitet. Am dortigen DDR-Grenzübergang hat der Täter dann das Opfer erschossen.

Das Gericht hat diese Tat als Mord gewertet. Das Opfer sei heimtückisch getötet worden. Nachdem der Pole zwei von drei Kontrollstellen unbehelligt passieren konnte, habe er mit weiterem Eingreifen der Grenztruppen nicht mehr gerechnet und sei arglos von hinten erschossen worden.

Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte 12 Jahre Haft wegen heimtückischen Mordes beantragt, die Verteidigerin des Oberleutnants hat auf Freispruch plädiert. Der Leutnant habe Befehle befolgt und im Sinne seiner Vorgesetzten gehandelt. Die Ausreise von Bürgern der DDR sei damals um jeden Preis zu verhindern gewesen. Auch wenn der Angeklagte am Ende der Befehlskette stand, ging das Gericht von dessen Strafbarkeit aus. Das heute geltende Recht sieht für Mord zwar eine lebenslange Freiheitsstrafe vor. Das Gericht hingegen orientierte sich an dem damals geltenden Strafgesetzbuch der DDR. Die Strafhöhe von 10 Jahren war das mildeste damals gültige Recht. Der Täter konnte erst durch das Stasi-Unterlagen-Archiv im Jahre 2016 ermittelt werden. Aus diesem Grunde konnte die Tat erst jetzt abgeurteilt werden. Die Strafbarkeit wegen Mordes unterliegt nicht der Verjährung.

Nach § 1684 BGB hat jedes Kind Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

Das Gesetz regelt, dass die Eltern alles zu unterlassen haben, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Dabei entscheidet das Familiengericht über den Umfang des Umgangsrechtes und seine Ausübung. Das Gericht kann das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

Das Oberlandesgericht Bamberg hatte in seiner Entscheidung vom 07.08.24 (AZ: 7 UF 80/24 e) mit einem rauchenden Kindesvater zu tun. Das Gericht hatte zu prüfen, ob dem Vater nach § 1684 Abs. 2 oder 3 BGB auferlegt werden konnte, während des Umgangs in Gegenwart der Kinder nicht in seiner Wohnung zu rauchen.

Ein solches Gebot wurde vom Oberlandesgericht Bamberg abgelehnt. Allein die Feststellung, dass sogenanntes Passiv-Rauchen grundsätzlich gesundheitsschädigend ist, reichte dem Gericht nicht aus. Nur wenn das Wohl der Kinder konkret gefährdet sei, dürfe über ein derartiges Gebot nachgedacht werden. Zumindest sei dies dann ein milderes Mittel gegenüber der Einschränkung oder sogar des Ausschlusses des Umgangsrechtes.

Ob Kinder grundsätzlich vor den Gefahren des Passiv-Rauchens zu schützen sind, ergibt sich nicht aus den Vorschriften des Familienrechtes. Dies hat allein der Gesetzgeber zu entscheiden.

 

Gibt es Getrenntleben innerhalb derselben Wohnung?

Der Trennungszeitpunkt ist im Familienrecht von besonderer Bedeutung für die Berechnung verschiedener Ansprüche.

Ab dem Zeitpunkt der Trennung muss beispielsweise ein Ehepartner dem anderen möglicherweise sogenannten Trennungsunterhalt zahlen (vgl. Wikipedia). Wenn das eheliche Vermögen auseinandergesetzt* (*geteilt) und der spätere Zugewinnausgleichsanspruch berechnet werden soll, besteht ein wechselseitiger Anspruch auf Auskunft über das Vermögen des jeweils anderen zum Zeitpunkt der Trennung gem. § 1379 BGB.

Nicht immer ist zwischen Eheleuten klar, ab wann sie getrennt leben. Normalerweise beurteilt man dieses nach der Faustformel „getrennt von Tisch und Bett“. Eine Beweisführung darüber ist oft schwierig. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Eheleute nicht mehr durch Gemeinsamkeiten wie gegenseitige Zubereitung von Mahlzeiten, gegenseitiges Waschen von Wäsche, gemeinsamer Besuch familiärer Veranstaltungen etc. verbunden sein dürfen.

Besonders streitig ist die Feststellung des Zeitpunktes, ab dem Eheleute als getrennt gelten, wenn tatsächlich noch dieselbe Wohnung das Haus bewohnt werden.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es auch ein „Getrenntleben im selben Haus“ gibt.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte einen Fall zu beurteilen, in dem das Ehepaar den Kindern zuliebe trotz Trennung im selben Haus verblieben ist. Man hat Einkäufe füreinander erledigt und ging freundschaftlich miteinander um. Eine Trennung im Sinne des Familienrechtes festzustellen, war hier schwierig.

Das OLG Frankfurt (Beschluss vom 28.03.2024, AZ: 1 UF 160/23) hat ausgeführt, dass eine vollkommene räumliche Trennung für die Trennung im Rechtssinne nicht erforderlich sei. Festzustellen sei das Ende der Beziehung, auch wenn man noch unter einem Dach lebe. Ein Auszug aus der ehelichen Wohnung ist für die Annahme einer Trennung nicht erforderlich, so das Oberlandesgericht. Das gemeinsame Wohnen oder auch ein freundschaftlicher und vernünftiger Umgang der Ehegatten miteinander hindert die Annahme einer Trennung nicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Ehepaar im Sinne der gemeinsamen Kinder handelt und dabei den Zweck verfolgt, dass diese die Trennung besser verarbeiten können.

Auch wenn in diesem Fall teilweise gemeinsame Mahlzeiten füreinander zubereitet werden, sei dies im Gesamtbild unwesentlich und entspricht einer allgemeinen Höflichkeit bzw. Hilfsbereitschaft. Diese Verhaltensweisen sind auch außerhalb ehelichen Zusammenlebens im Sinne eines gesellschaftlichen Anstandes möglich und üblich, jedenfalls nicht ungewöhnlich. So kann also auch „unter einem Dach“ ein Ende der Beziehung und damit eine Trennung im Rechtssinne festgestellt werden.

Wenn Oma und Opa die Kindesmutter schlecht machen

Nach § 1685 Abs. 1 BGB haben auch die Großeltern das Recht zum Umgang mit den Enkelkindern. Dieses eigene Umgangsrecht der Großeltern wurde im Zuge des Kindschaftsrechtsreformgesetzes im Jahre 1998 geschaffen. Das Recht ist auch gegen den Willen der Kindeseltern durchsetzbar und beim örtlich zuständigen Familiengericht einklagbar.

Der Gesetzgeber hat damals gesehen, dass Kinder nicht nur Bindungen zu ihren Eltern und Geschwistern haben, sondern auch vielfache weitere Sozialbeziehungen und -bindungen, die zu schützen und zu stärken sind. Insbesondere die familiären Bande sind dabei zu berücksichtigen.

Großeltern sind vielfach an der Erziehung und Förderung der Enkelkinder beteiligt. Angesichts der häufigen Berufstätigkeit beider Elternteile sind Oma und Opa zuverlässige Stützen bei der Betreuung der Kinder und haben meist ein liebevolles Verhältnis zu ihren Enkelkindern.

In Konfliktfällen muss das örtliche Familiengericht darüber entscheiden, ob begehrter Großelternumgang tatsächlich dem Wohl des Kindes entspricht.

Dieses wurde in einem Sachverhalt verneint, der zur Entscheidung des Amtsgerichts und schließlich des Familiensenates des Oberlandesgericht Braunschweig vorlag (AZ 2 UF 47/21, Beschluss vom 30.06.2021).

Die Großeltern hatten dort von den getrenntlebenden Kindeseltern einen regelmäßigen Wochenend- und Ferienumgang verlangt. Während der Vater dies befürwortete, sprach sich die Kindesmutter gegen diese begehrten Umgänge aus. Sie begründete dies damit, dass die Großeltern keine Gelegenheit ausließen, sie „schlecht zu machen“.

Sie führte dazu aus, dass sich die Großeltern wiederholt über ihre Biografie geäußert hätten (Herkunft aus dem Osten, Beruf der Großmutter mütterlicherseits lediglich Reinigungskraft). Dem gegenüber seien die Großeltern selbst Akademiker und ein gut situiertes Ehepaar. Zur Förderung der Kinder seien sie daher viel besser geeignet, die Erziehungseignung der Kindesmutter selbst wurde infrage gestellt.

Das Gericht hat die Anträge der Großeltern auf Durchsetzung eines Umgangsrechtes zurückgewiesen. Es hat argumentiert, dass die Entwertung der Kindesmutter als erziehungsgeeignete Mutter bei dem Kind einen großen Loyalitätskonflikt auslöse. Mit der negativen Beurteilung der Kindesmutter wird der Erziehungsvorrang der Eltern missachtet. Das Umgangsrecht mit den Großeltern dient in diesem Falle nicht dem Kindeswohl, da das Kind dem Loyalitätskonflikt ungeschützt ausgesetzt wird.

Verkehrsunfall: Werkstattrisiko und Sachverständigenrisiko trägt der Schädiger

Nach einem Verkehrsunfall darf die Haftpflichtversicherung des Schädigers den Geschädigten, der sein Fahrzeug in einer Fachwerkstatt reparieren lässt, nicht darauf verweisen, dass der Reparaturbetrieb ihm unnötige Arbeiten in Rechnung gestellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeit angesetzt oder Arbeiten berechnet habe, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden seien.

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) schon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts festgestellt (Urteil vom 29.10.1974 – VI ZR 42/73) und zuletzt noch mit Urteil vom 16.1.2024 – VI ZR 253/22 – bestätigt.

Grund hierfür ist, dass den Kenntnissen und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten bei der Schadensregulierung Grenzen gesetzt sind, vor allem, sobald er einen Reparaturauftrag erteilt und das zu reparierende Fahrzeug in die Hände von Werkstätten gibt. Es würde dem Sinn und Zweck des Schadensersatzrechtes widersprechen, wenn der Geschädigte im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen sind, und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Dieses sogenannte Werkstattrisiko hat der Schädiger zu tragen. Er hat allenfalls einen Anspruch darauf, dass der Geschädigte ihm eventuelle Rückforderungsansprüche gegen die Werkstatt abtritt.

Die oben genannten Grundsätze des Werkstattrisikos hat der BGH jetzt mit Urteil vom 12.3.2024 – VI ZR 280/22 – auch auf die Kosten des Sachverständigen übertragen, der von dem Geschädigten zur Ermittlung seines Schadens und des zu dessen Behebung erforderlichen Aufwandes beauftragt worden ist (Sachverständigenrisiko).

Auch in diesem Fall seien nach Ansicht des BGHs den Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten Grenzen gesetzt, vor allem, sobald er den Gutachtenauftrag erteilt und das Fahrzeug in die Hände des Gutachters gegeben habe. Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger seien insoweit diejenigen Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise unangemessen seien.

Bei einem Kfz-Sachverständigen, der sein Grundhonorar nicht nach Stunden, sondern nach Schadenshöhe berechne, komme ein für den Geschädigten nicht erkennbar überhöhter Ansatz beispielsweise dann in Betracht, wenn der Gutachter den Schaden unzutreffend zu hoch eingeschätzt habe. Solche Mehraufwendungen seien dann ebenfalls ersatzfähig, ebenso Rechnungspositionen, die sich auf – für den Geschädigten nicht erkennbar – tatsächlich nicht durchgeführte Maßnahmen im Zusammenhang mit der Begutachtung bezögen.

Auch hier kann der Schädiger aber die Abtretung gegebenenfalls bestehender Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen verlangen.

Allerdings, so hat der BGH eingeschränkt, treffe den Geschädigten eine Pflicht zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle, also Überprüfung, der vom Sachverständigen bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise. Verlange der Sachverständige bei Vertragsschluss Preise, die deutlich überhöht seien, könne sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich erweisen. Dasselbe gelte auch, wenn beispielsweise die Rechnung von der Honorarvereinbarung abweiche, oder wenn der Sachverständige für den Geschädigten erkennbar überhöhte Nebenkosten angesetzt habe.

Die Anwendung der genannten Grundsätze zum Werkstattrisiko und Sachverständigenrisiko setzt im Übrigen nicht voraus, dass der Geschädigte die Rechnung der Werkstatt und/oder des Sachverständigen bereits bezahlt hat. Soweit der Geschädigte die Rechnung nicht beglichen hat, kann er – will er das Werkstattrisiko bzw. das Sachverständigenrisiko nicht selbst tragen – die Zahlung der Reparaturkosten und/oder der Sachverständigenkosten nicht an sich, sondern nur an die Werkstatt oder den Sachverständigen verlangen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (dieses Risiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt und/oder den Sachverständigen.

Fazit

Geschädigte eines Verkehrsunfalls, die ihr Fahrzeug reparieren lassen möchten, sollten sich von der Haftpflichtversicherung des Schädigers wegen der Reparaturkosten und Sachverständigenkosten nicht ins Bockshorn jagen lassen.

Ohnehin gilt auch bei der Regulierung von vermeintlich geringen Schäden:

Regulieren Sie den Schaden mit der Versicherung grundsätzlich nicht selbst, oder verlassen Sie sich erst recht nicht auf die Regulierung durch den Haftpflichtversicherer, auch wenn es noch so bequem zu sein scheint! Beauftragen Sie damit lieber eine/n auf Verkehrsrecht spezialisierte/n Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin. Die hierdurch entstehenden Kosten muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Schädiger auch in vermeintlich einfach gelagerten Fällen tragen.

 

Neuerungen im Familienrecht 2024

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat im Januar 2024 seine Pläne für die Neuerungen im Familienrecht vorgestellt. Geplant sind grundlegende Änderungen im Sorgerecht, im Umgangsrecht, im Abstammungsrecht und auch bei der Stärkung der Rechte lesbischer Mütter sowie leiblicher Väter.

Ausweitungen des Sorgerechtes

Das Sorgerecht bezeichnet das Recht und auch die Pflicht der Eltern, für die Belange minderjähriger Kinder zu sorgen. In Zukunft sollen die Eltern mehr Gestaltungsmöglichkeit erhalten. Sofern es dem Kindeswohl nicht widerspricht, soll unter Mitwirkung des Jugendamtes die Alleinsorge eines Elternteils vereinbart werden können. Dies gibt den Eltern mehr Autonomie, da sie schließlich selbst am besten beurteilen können, welche Sorgerechtsregelung im jeweiligen Einzelfall die beste ist.
Geplant ist weiterhin eine Ausweitung der Regelung des § 1687 b BGB. Danach ist der Ehegatte eines allein sorgeberechtigten Elternteils, der nicht Elternteil des Kindes ist, zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes befugt. Zukünftig soll es möglich sein, dass die sorgeberechtigten Personen durch Vereinbarung bis zu 2 weiteren Personen sorge rechtliche Befugnisse einräumen können. Damit kann auch der jeweils neue Partner in Patchwork- und Regenbogenfamilien Entscheidungsbefugnisse übernehmen. Eine solche Vereinbarung soll bereits vor der Empfängnis abgeschlossen werden können.

Gesetzliche Verankerung des Wechselmodells

Bisher ist gesetzliche Regelung das sogenannte klassische Residenzmodell, wonach gemeinsame Kinder nach einer Trennung bei einem Elternteil wohnen und der andere Elternteil jeweils Umgangsrechte wahrnimmt. Dieses klassische Modell soll nicht mehr zeitgemäß sein. In vielen Familien wird bereits das Wechselmodell praktiziert, wonach des Kind/die Kinder z. B. eine Woche bei der Mutter und eine Woche beim Vater leben, denkbar sind hier auch andere zeitliche Gestaltungen, bei denen ein schnellerer Wechsel der Kinder von dem einen in den anderen Haushalt erfolgt. Dieses Wechselmodell soll nunmehr rechtlich geregelt werden. Das Familiengericht kann eine Betreuung durch beide Elternteile im Wechselmodell anordnen und die zeitliche Aufteilung der Betreuung des Kindes vorgeben. Denkbar ist dabei ein sogenanntes symmetrisches Wechselmodell, wonach die Anteile der Betreuung „mathematisch exakt“ aufgeteilt werden. Möglich soll auch ein asymmetrisches Wechselmodell sein. In diesem Fall hat einer der Elternteile geringere Betreuungsanteile. Angesichts der Tatsache, dass solche Wechselmodelle bereits vielfach praktiziert werden, scheint die gesetzliche Regelung überfällig.
Keine Diskriminierung lesbischer Mütter mehr
Das Abstammungsrecht soll dahingehend reformiert werden, dass in Zukunft die Partnerin einer Frau, die ein Kind geboren hat, ebenfalls Mutter des Kindes werden kann, ohne das Kind zuvor adoptieren zu müssen. Hier soll das Gleiche gelten wie bei verschiedengeschlechtlichen Paaren für den Partner der Mutter.

Stärkung der Rechte leiblicher Väter

Das Ministerium plant eine Neuerung, wonach für die Dauer eines Verfahrens, in dessen Rahmen ein Mann seine Vaterschaft feststellen lassen will, grundsätzlich kein anderer Mann die Vaterschaft für dieses Kind anerkennen können soll.
Wer der Auffassung ist, leiblicher Vater eines Kindes zu sein, soll die Vaterschaft eines an-deren Mannes künftig auch dann anfechten können, wenn dieser eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind hat. Anders als derzeit soll eine solche Beziehung die Anfechtung nicht grundsätzlich ausschließen. Ein Gericht soll in einem solchen Fall im Einzelfall prüfen, ob das Interesse an der Anfechtung der Vaterschaft das Interesse an dem Fortbestand der bisherigen Vaterschaft überwiegt.
Auch Kinder können zukünftig einfacher ihr Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung verwirklichen. Es soll ein spezielles gerichtliches Feststellungsverfahren eingeführt werden. Das Kind kann dort über einen Gerichtsbeschluss feststellen lassen, ob eine bestimmte Person sein/ihr leiblicher Vater ist.
Besserer Schutz von Kindern vor häuslicher Gewalt
Der Justizminister beabsichtigt, Familiengerichte in Zukunft weitaus stärker darauf zu verpflichten, in Umgangs- und Sorgeverfahren den Schutz vor häuslicher Gewalt sicherzustellen. Sofern sich in einem Verfahren Anhaltspunkte ergeben, soll das Gericht eine besondere Risikoanalyse vornehmen und die Beeinträchtigungen umfassend und systematisch ermitteln. Bei Gewalt gegenüber einem Kind soll ein gemeinsames Sorgerecht künftig nicht mehr in Betracht kommen.

Eigenes Großeltern-Umgangsrecht

Kinder sollen in Zukunft eigene Rechte auf Umgänge mit ihren Großeltern haben, ferner mit Geschwistern und anderen Bezugspersonen, auch mit leiblichen, nicht rechtlichen Elternteilen. Bislang ist im Gesetz nur das eigene Umgangsrecht des Kindes mit den rechtlichen Eltern normiert.
Spiegelbildlich zu den bereits bestehenden Rechten der Großeltern, Geschwister, sozialen Bezugspersonen und des genetischen Vaters auf Umgang mit dem Kind soll jetzt auch das Kind solche Rechte erhalten. Das Gericht wird im Einzelfall zu prüfen haben, ob der Umgang dem Wohl des Kindes dient.

Fazit

Die vorgestellten geplanten umfassenden Änderungen sollen gewährleisten, dass den bereits im täglichen Leben praktizierten Gewohnheiten auch eine rechtliche Grundlage verschafft wird.

Bezahlter Kindesumgang

Der 12. Zivilsenat des BGH (AZ: XII ZB 385/23) hatte einen Sachverhalt zu entscheiden, der das Besuchsrecht für Kinder mit Zugewinnausgleichszahlungen an die Ehefrau ”verquickte“, also in einen festen Zusammenhang gebracht hat.

Die Eheleute hatten zwei gemeinsame Kinder, die Ehegattin ist nach der Trennung mit dem erstgeborenen Kind zurück in ihr nichteuropäisches Heimatland gezogen, dort kam dann das zweite Kind zur Welt. Der Ehemann ist alleine in Deutschland geblieben und musste zur Ausübung des Umgangsrechtes, seine Kinder sehen zu können, in das weit entfernte Ausland reisen.

Anlässlich der nachfolgenden Scheidung haben die Eheleute einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen, wonach der Ehemann zur Abgeltung von Zugewinnausgleichsansprüchen der Ehefrau einen Betrag in Höhe von 60.000,00 € in drei jährlichen Raten zu zahlen hatte. Die Fälligkeit dieser Raten wurde daran geknüpft, dass der Ehemann zuvor mehrere Wochen mit den Kindern in Deutschland verbringen durfte.

Das entscheidende Amtsgericht und auch das Oberlandesgericht München hielten das Zugewinnausgleichsverfahren nach Vergleichsabschluss für beendet. Der Bundesgerichtshof hat den Beschluss des OLG München wieder aufgehoben. Es sei sittenwidrig gem. § 138 Abs. 1 BGB, wenn die Raten erst fällig werden sollen, nachdem der Vater Umgang mit seinen Kindern in Deutschland wahrnehmen konnte.

Wirtschaftliche Interessen der Eltern dürfen nicht dazu führen, dass Kinder zum „Objekt des Handelns“ gemacht werden. Jedenfalls ist eine derartige Vereinbarung dann sittenwidrig, wenn sie keinerlei gerichtliche Kontrolle von Kindeswohlgesichtspunkten zulässt. Die Gewährung eines Umgangsrechtes muss immer eine gerichtliche Kindeswohlprüfung enthalten. Der geschiedenen Gattin quasi eine Vertragsstrafe für den Fall aufzuerlegen, dass sie Umgang nicht bewilligt, ist mit dem Gedanken des Kindeswohls nicht vereinbar.

Pflichtwidrige Unterbringung im Kinderheim

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat im Sommer des vergangenen Jahres ein interessantes Urteil zur (pflichtwidrigen) Unterbringung eines sechsjährigen Jungen im Kinderheim gefällt. Dabei ist die zugrundeliegende Fallkonstellation – Kind wird im schwelenden Sorgerechtsstreitverfahren fremduntergebracht – gar nicht einmal so selten wie man denken könnte.

Kinder sind zumeist die Leidtragenden in einer streitig geführten Trennung ihrer Eltern. Dabei kommt es immer wieder zu Situationen, in denen die Sorgeberechtigten sich kindeswohlgefährdend verhalten und das Jugendamt „eingreift“. Im vorliegenden Fall ist es zur Überzeugung des Oberlandesgerichts jedoch zu weit gegangen und urteilte, dass die Fremdunterbringung eines Kindes trotz einer Belastung durch den zwischen seinen getrenntlebenden Eltern bestehenden Sorgerechtsstreitigkeiten regelmäßig unverhältnismäßig sei:
Hintergrund der obergerichtlichen Entscheidung war eine Schmerzensgeldklage des Jungen gegen die Stadt wegen seiner Unterbringung in ein Kinderheim. Der seinerzeit sechsjährige Junge lebte bei seiner Mutter und hatte regelmäßigen Umgang mit seinem Vater. Dieser teilte dem Jugendamt unter Vorlage eines Attestes mit, dass das Kind von der Mutter geschlagen worden sei. Daraufhin veranlasste das Jugendamt, dass der Junge in einem Kinderheim untergebracht wurde. Durch Beschluss des Familiengerichts wurde dem Jugendamt das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen, welches dann jedoch vier Monate später im Beschlusswege vorläufig ausgesetzt wurde. Der Junge kehrte zunächst zu seiner Mutter zurück. Im Beschwerdeverfahren wurde der Beschluss dann gänzlich aufgehoben und das Sorgerecht auf den Vater übertragen. Seitdem lebt der Junge dort.
In dem Verfahren um Schadensersatz entschied das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. dann im Rahmen des Schadensersatzverfahrens, dass die Stadt als Trägerin des Jugendamtes wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts an das Kind 3.000,00 € zu leisten habe.

Zur Begründung:
Auch wenn die anfängliche Inobhutnahme durch das Jugendamt zunächst noch gerechtfertigt gewesen sei, so habe aber die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes pflichtwidrig das ihr übertragene Aufenthaltsbestimmungsrecht nach Ablauf einer kurzen Zeitspanne weiterhin zugunsten einer Fremdunterbringung ausgeübt. Eine solche Fremdunterbringung eines Kindes vor dem Hintergrund eines tiefgreifenden Elternkonfliktes könne aber nur dann als gerechtfertigt angesehen werden, wenn ein andauernder Elternkonflikt das Kindeswohl in hohem Maße und mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährde. Ausdrücklich heißt es in dem Urteil des OLG Frankfurt a. M. (1 U 6/21): „Die Folgen der Fremdunterbringung dürfen für das Kind nicht gravierender sein als die Folgen eines Verbleibs in der Herkunftsfamilie“.
Man hätte also nach Auffassung des Oberlandesgerichtes nach einer kurzen Übergangszeit erwägen müssen, bis zur endgültigen Entscheidung das Kind vorübergehend bei seinem Vater unterzubringen.

Fazit

Da die ursprüngliche Herausnahme aus der Familie nur als kurzfristige Maßnahme zur Beruhigung der konfliktbehafteten Situation geboten war, hat das betroffene Kind die monatelange Trennung von seinen Eltern als ungerechtfertigte Folge und Belastung empfunden, weil er sich über die Misshandlungen seiner Mutter beschwert hat.