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Wenige Gehminuten zum Strand

Die Klägerin des Verfahrens AG München 242 C 13523/23 hatte mit ihrer Tochter eine Rundreise durch Costa-Rica gebucht. Dazu gehörte ein Aufenthalt von 4 Nächten in einem Boutique-Hotel an der Pazifik-Küste. Dieses Hotel sei im Prospekt beschrieben worden mit „nur wenige Gehminuten von den besten Restaurants und wunderschönen Stränden entfernt“.

An der Rezeption angekommen, wurde der Klägerin mitgeteilt, dass man zum Strand ein Taxi nehmen müsse, dieser läge 25 Gehminuten entfernt.

Die Klägerin hat sich an die lokale Reiseleiterin gewandt und in Abstimmung mit dieser auf eigene Kosten ein Ersatzhotel angemietet. Mit ihrer Klage gegen den Reiseveranstalter machte sie Ersatz der verauslagten Kosten für die Buchung des Ersatzhotels in Höhe von 733,00 Euro geltend. Darüber hinaus Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, eines verlorenen Urlaubstages aufgrund Hotelwechsels in Höhe von 1.062,00 Euro.
Das Amtsgericht München hat den Reiseveranstalter entsprechend verurteilt. Zwar hat dieser behauptet, es sei niemals eine bestimmte Entfernung oder Gehzeit zum Strand zugesichert worden. Tatsächlich sei der Strand in ca. 15 Minuten zu erreichen.

Dieser Argumentation ist das Gericht nicht gefolgt.

Unstreitig hatte der nächstgelegene Strand zum Hotel eine Entfernung von 1,3 km. Eine derartige Entfernung ist in „wenigen Gehminuten“ nicht zurückzulegen. Zum Strand zu rennen, kann nicht verlangt werden. Es müsse ferner berücksichtigt werden, dass die gebuchte Reise im „Hochpreissegment“ angesiedelt sei. Der Reiseveranstalter müsse sich daher an seinen eigenen Ansprüchen messen lassen. Unter „wenigen Gehminuten“ sei in etwa eine Zeitspanne zu verstehen, die bei normalem Gehtempo 5 Minuten nicht überschreitet.

Der Schadenersatzanspruch der Klägerin gründete sich in diesem Sachverhalt auf die §§ 651 i Abs. 2, 3 Nr. 2, 7, 651 k, 651 n BGB

Der BGH ändert seine Rechtsprechung zum Schockschaden

Bisher konnten Angehörige eines schwer verletzten oder getöteten Opfers von Straftaten, Verkehrsunfällen oder auch ärztlichen Behandlungsfehlern Schadensersatz (Schmerzensgeld) für die bei ihnen durch die Todesnachricht oder das Miterleben der Tötung des Angehörigen entstandenen psychischen Beeinträchtigungen und Folgen (sog. Schockschaden) nur dann verlangen, wenn diese Beeinträchtigungen Krankheitswert besaßen und über das Maß hinaus gingen, denen Betroffene bei der Verletzung eines Rechtsgutes eines nahen Angehörigen in der Regel ausgesetzt sind. So hatte der Bundesgerichtshof (BGH) noch am 21.5.2019 (VI ZR 299/17) entschieden.

Mit Urteil vom 6.12.2022 (VI ZR 168/21) hat der BGH nunmehr unter ausdrücklicher Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass dann, wenn die psychische Beeinträchtigung pathologisch fassbar ist, sie also Krankheitswert hat, für die Bejahung einer Weiterlesen