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Bezahlter Kindesumgang

Der 12. Zivilsenat des BGH (AZ: XII ZB 385/23) hatte einen Sachverhalt zu entscheiden, der das Besuchsrecht für Kinder mit Zugewinnausgleichszahlungen an die Ehefrau ”verquickte“, also in einen festen Zusammenhang gebracht hat.

Die Eheleute hatten zwei gemeinsame Kinder, die Ehegattin ist nach der Trennung mit dem erstgeborenen Kind zurück in ihr nichteuropäisches Heimatland gezogen, dort kam dann das zweite Kind zur Welt. Der Ehemann ist alleine in Deutschland geblieben und musste zur Ausübung des Umgangsrechtes, seine Kinder sehen zu können, in das weit entfernte Ausland reisen.

Anlässlich der nachfolgenden Scheidung haben die Eheleute einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen, wonach der Ehemann zur Abgeltung von Zugewinnausgleichsansprüchen der Ehefrau einen Betrag in Höhe von 60.000,00 € in drei jährlichen Raten zu zahlen hatte. Die Fälligkeit dieser Raten wurde daran geknüpft, dass der Ehemann zuvor mehrere Wochen mit den Kindern in Deutschland verbringen durfte.

Das entscheidende Amtsgericht und auch das Oberlandesgericht München hielten das Zugewinnausgleichsverfahren nach Vergleichsabschluss für beendet. Der Bundesgerichtshof hat den Beschluss des OLG München wieder aufgehoben. Es sei sittenwidrig gem. § 138 Abs. 1 BGB, wenn die Raten erst fällig werden sollen, nachdem der Vater Umgang mit seinen Kindern in Deutschland wahrnehmen konnte.

Wirtschaftliche Interessen der Eltern dürfen nicht dazu führen, dass Kinder zum „Objekt des Handelns“ gemacht werden. Jedenfalls ist eine derartige Vereinbarung dann sittenwidrig, wenn sie keinerlei gerichtliche Kontrolle von Kindeswohlgesichtspunkten zulässt. Die Gewährung eines Umgangsrechtes muss immer eine gerichtliche Kindeswohlprüfung enthalten. Der geschiedenen Gattin quasi eine Vertragsstrafe für den Fall aufzuerlegen, dass sie Umgang nicht bewilligt, ist mit dem Gedanken des Kindeswohls nicht vereinbar.

Pflichtwidrige Unterbringung im Kinderheim

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat im Sommer des vergangenen Jahres ein interessantes Urteil zur (pflichtwidrigen) Unterbringung eines sechsjährigen Jungen im Kinderheim gefällt. Dabei ist die zugrundeliegende Fallkonstellation – Kind wird im schwelenden Sorgerechtsstreitverfahren fremduntergebracht – gar nicht einmal so selten wie man denken könnte.

Kinder sind zumeist die Leidtragenden in einer streitig geführten Trennung ihrer Eltern. Dabei kommt es immer wieder zu Situationen, in denen die Sorgeberechtigten sich kindeswohlgefährdend verhalten und das Jugendamt „eingreift“. Im vorliegenden Fall ist es zur Überzeugung des Oberlandesgerichts jedoch zu weit gegangen und urteilte, dass die Fremdunterbringung eines Kindes trotz einer Belastung durch den zwischen seinen getrenntlebenden Eltern bestehenden Sorgerechtsstreitigkeiten regelmäßig unverhältnismäßig sei:
Hintergrund der obergerichtlichen Entscheidung war eine Schmerzensgeldklage des Jungen gegen die Stadt wegen seiner Unterbringung in ein Kinderheim. Der seinerzeit sechsjährige Junge lebte bei seiner Mutter und hatte regelmäßigen Umgang mit seinem Vater. Dieser teilte dem Jugendamt unter Vorlage eines Attestes mit, dass das Kind von der Mutter geschlagen worden sei. Daraufhin veranlasste das Jugendamt, dass der Junge in einem Kinderheim untergebracht wurde. Durch Beschluss des Familiengerichts wurde dem Jugendamt das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen, welches dann jedoch vier Monate später im Beschlusswege vorläufig ausgesetzt wurde. Der Junge kehrte zunächst zu seiner Mutter zurück. Im Beschwerdeverfahren wurde der Beschluss dann gänzlich aufgehoben und das Sorgerecht auf den Vater übertragen. Seitdem lebt der Junge dort.
In dem Verfahren um Schadensersatz entschied das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. dann im Rahmen des Schadensersatzverfahrens, dass die Stadt als Trägerin des Jugendamtes wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts an das Kind 3.000,00 € zu leisten habe.

Zur Begründung:
Auch wenn die anfängliche Inobhutnahme durch das Jugendamt zunächst noch gerechtfertigt gewesen sei, so habe aber die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes pflichtwidrig das ihr übertragene Aufenthaltsbestimmungsrecht nach Ablauf einer kurzen Zeitspanne weiterhin zugunsten einer Fremdunterbringung ausgeübt. Eine solche Fremdunterbringung eines Kindes vor dem Hintergrund eines tiefgreifenden Elternkonfliktes könne aber nur dann als gerechtfertigt angesehen werden, wenn ein andauernder Elternkonflikt das Kindeswohl in hohem Maße und mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährde. Ausdrücklich heißt es in dem Urteil des OLG Frankfurt a. M. (1 U 6/21): „Die Folgen der Fremdunterbringung dürfen für das Kind nicht gravierender sein als die Folgen eines Verbleibs in der Herkunftsfamilie“.
Man hätte also nach Auffassung des Oberlandesgerichtes nach einer kurzen Übergangszeit erwägen müssen, bis zur endgültigen Entscheidung das Kind vorübergehend bei seinem Vater unterzubringen.

Fazit

Da die ursprüngliche Herausnahme aus der Familie nur als kurzfristige Maßnahme zur Beruhigung der konfliktbehafteten Situation geboten war, hat das betroffene Kind die monatelange Trennung von seinen Eltern als ungerechtfertigte Folge und Belastung empfunden, weil er sich über die Misshandlungen seiner Mutter beschwert hat.

Neue Rechtsprechung des BGH zu den Voraussetzungen der Einbenennung eines Kindes in Patchwork-Familien

Seit der Kindschaftsrechtsreform 1997 galten strenge Regeln, wenn es darum ging, dass ein Kind den Namen seines Stiefelternteils annehmen wollte, § 1618 S. 4 BGB. Bislang verlangte der BGH hierfür ausdrücklich das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung, solange der leibliche Elternteil der Namensänderung nicht zustimmte.
Dem Beschluss des BGH vom 25.01.23 (AZ: XII ZB 29/20) lag ein Fall zugrunde, in dem lediglich das 2008 geborene Mädchen noch den Nachnamen seines leiblichen Vaters trug, die restliche Familie (Mutter und Halbgeschwister) jedoch den Namen des (Stief-)Vaters.

Hierunter litt die Tochter, zumal sie zu ihrem leiblichen Vater seit Jahren keinerlei Kontakt mehr hatte.

Zwar stellt sich der BGH nach wie vor auf den Standpunkt, dass Weiterlesen