Auskunftsverlagen eines Kindes gegen seine Mutter über die Person des leiblichen Vaters
In der Rechtsprechung ist mehrfach kontrovers die Frage diskutiert worden, ob ein Kind von der Mutter die Benennung des leiblichen Vaters verlangen kann.
Vorliegend war die Antragstellerin in problematischen Familienverhältnissen aufgewachsen. Die Mutter hatte die Schwangerschaft erst im 7. Monat bemerkt und die Hauptschule, die sie damals besuchte, ohne Schulabschluss verlassen. Nach der Geburt lebte sie mit der Tochter zunächst in einem Mutter-Kind-Heim und sodann in einer Mädchen-Wohngemeinschaft. Die Tochter ist dann schließlich von einem Ehepaar adoptiert worden. Sie hat zunächst ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren betrieben, das ohne Erfolg blieb.
Auch ein außergerichtlicher Vaterschaftstest mit einem weiteren Mann brachte keine Klarheit. Auf Vermittlung des zuständigen Jugendamtes kam es schließlich zu einem Treffen zwischen Tochter und Mutter. Diese konnte (oder wollte) den leiblichen Vater nicht benennen, sodass die Tochter beim zuständigen Amtsgericht in Stuttgart einen Antrag gestellt hat, Namen und Anschrift des leiblichen Vaters zu benennen.
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, da die Mutter die Auskunft nicht erteilen könne. Die Benennung des Vaters sei ihr unmöglich.
Die Tochter hat daraufhin eine Beschwerde zum Oberlandesgericht in Stuttgart eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung zumindest dahingehend abgeändert, dass die Mutter verpflichtet wurde, der Tochter alle Männer mit vollständigem Namen und Adresse zu benennen, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt haben. Die Mutter hat gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt.
Diese Rechtsbeschwerde blieb ohne Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass das Kind ein Auskunftsverlangen gegen seine leibliche Mutter über die Person seines leiblichen Vaters gem. § 1618 a BGB stellen kann.
Dieses Auskunftsverlangen ist nicht bereits dann erfüllt, wenn die Mutter mitteilt, der Name des Vaters sei ihr nicht bekannt. Die Mutter ist gleichfalls verpflichtet, die ihr unter den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Erkundigungen einzuholen.
Möglich sind beispielsweise Erkundigungen bei den noch lebenden Mitgliedern der Herkunftsfamilie, im vorliegenden Sachverhalt waren dies der leibliche Bruder, der Taufpate, die Betreuungs- und Bezugspersonen in der Mutter-Kind-Einrichtung, die Mitbewohner der früheren Wohngemeinschaft sowie auch die bereits ausgeschlossenen Männer, die möglicherweise weiteres zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen können.
Durch diese Hinweise kann das Kind weitere Rückschlüsse ziehen, mit wem die Mutter in damaliger Zeit in näheren Beziehungen gestanden hat. Die Mutter ist insoweit darlegungs- und beweisbelastet und die angesprochenen Erkundigungen sind ihr zumutbar. Der Mutter steht kein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse zu. Die Kenntnis der eigenen Abstammung kann für die Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes von erheblicher Bedeutung sein. Die Möglichkeit, sich als Individuum nicht nur sozial, sondern auch genealogisch in eine Beziehung zu anderen zu setzen, kann im Bewusstsein der einzelnen Person eine Schlüsselstellung für die Individualitätsfindung und das Selbstverständnis in langfristig familiären Beziehungen einnehmen.